Meng Zhou周蒙 Il Trovatore

Meng Zhou周蒙 Il Trovatore

kuratiert von Alexandra Grimmer

Die Ausstellung ist eine Kollaboration der BMCA Collection mit der Nan Ke Gallery Shanghai

Eröffnung am 13. September 2024,  18:00 Uhr

Öffnung jeweils 11:00 - 16:00 Uhr: Mo 30.9., Di 1.10., Di 8.10., Mi 9.10. sowie nach Vereinbarung

Finissage 11.10. ab 18:00 Uhr mit Curator‘s Tour um 17:00 Uhr

Mit einer Tanzperformance von Filippo Gualandris, 19:00 Uhr

Ausstellung bis 11. Oktober 2024

Von 13. September bis 11. Oktober lädt die Pfeuferstraße 38 in die einzigartige Welt des Meng Zhou. Dem Publikum wird eine, speziell für diesen, über unterschiedliche Räume ausgestreckten Ort ehemaliger Werkstätten entwickelte Arbeitsserie vorgestellt.

Einer Reise gleichend, hat Meng Zhou vier Situationen geschaffen, die Erfahrungen, Objekte und die verbindende Erkenntnis zusammen bringen.

 

Angetrieben von einer tiefen Demut der Natur gegenüber bezieht das Werk des 1992 geborenen Künstlers einen großen Teil seines Reichtums sowie seiner Außergewöhnlichkeit von Aufenthalten an entlegenen oder extremen Orten. Ein weiterer wichtiger Faktor für dessen hohe Konzentration und Vielseitigkeit sind die Phasen völligen Rückzugs des Künstlers, verbunden mit intensiven Arbeitsprozessen in seinem Londoner Atelier. Meng Zhou ist ein Beobachter und Suchender, nach den Kulturen und deren Schauplätzen sowie nach den Orten, an denen man unserem Kosmos am nächsten zu kommen scheint. Er kampierte an zwei verschiedenen Orten in der Sahara - zuerst auf seiner Reise von Ägypten aus und später in Marokko. In der Wüste entdeckte er Spuren von Leben und wurde Zeuge zufälliger Zeichen, die aus dem sich ständig wiederholenden Zyklus der Existenz hervorgehen. Er kommt zu dem Schluss, dass das Leben möglicherweise zu seinen mineralischen Ursprüngen zurückkehrt, wobei Meteoriten Archive vergangener Welten enthalten, die von der Zeit wie ein verborgener Kosmos poliert wurden.

2022 lebte er einige Wochen Lang in Guna Yala, einer autonomen Region an der Nordküste Panamas. Sein Ziel war es, die Praxis traditionellen Handwerks zu erkunden.  Durch diese Erfahrung wurde ihm bewusst, wie wichtig die natürlichen Elemente sind und wie leicht sie durch schädliche moderne Produkte ersetzt werden können. Die Überschneidung von indigener Lebensweise und moderner Zivilisation veranlasste ihn zum Überdenken dessen, was wirklich wichtig ist, und er sah den Zyklus von Schöpfung und Verfall in der Natur als Metapher für unsere zerbrechliche Verbindung zur Umwelt.

 

Das Herstellen von Zusammenhängen genauso wie das genauere Begreifen, von, unter der sichtbaren Oberfläche liegenden Informationen, ist ein wichtiger Teil in der Arbeit von Meng Zhou, der selber niemals urteilt, aber die unsere Gesellschaft und ihre Strukturen hinterfragt.

 

 

Eine Vielfalt von Techniken dient dazu, dem Betrachter das ideale Abbild seiner Vorstellung erfahrbar und sichtbar zu machen. Meng Zhou zeichnet auf Reispapier, er arbeitet auf vielen Schichten geschliffenen Muschelpulvers, ergänzt vorgefundene Zeugnisse jahrzehntelanger Naturprozesse mit seiner eigenen Formensprache oder verwendet Metallschrott als Grundlage für Objekte und Installationen. „Zhou navigates through time“ heisst es sehr treffend in einem kürzlich erschienenen Artikel den Taipei Times (23.8.2024 www.taipeitimes.com ).

Sein Werk verkörpert eine Art tragischen Humor, in dem Geschichten unvollständig bleiben und in Ruinen oder Zerstörung enden. Darin spiegeln sich die Macht der Ungewissheit und die Unausweichlichkeit eines Endes wider. Zeit und Geschichte werden zu Themen, die trotz begrenzter Informationen beobachtet, interpretiert und erraten werden können. Das Publikum ist eingeladen, an diesem Versteckspiel teilzunehmen, ohne Angst haben zu müssen, zu verlieren oder zu scheitern.

 

Meng Zhou bezieht den Tanz als körperliche, gestische Ausdruckswelt regelmäßig in seine Zeichnungen, Gemälde und Objekte ein. Die Untersuchung von Körpern in Bewegung stellt eine Erweiterung seiner künstlerischen Arbeit dar. In der Performance zur Eröffnung der Ausstellung am 13. September 2024 lud Meng Filippo Gualandris als Transporter oder Reisenden auf eine unvorhergesehene Reise ein, bei der der Körper zur Tabula rasa wurde und auf Zufälligkeiten und Emotionen reagierte.

 

 

Beim Betreten der Ausstellung verstreuen sich silbergravierte Objekte wie Samen, die mit uralten Totems verziert sind und an Muscheln erinnern, die über einen Sandstrand verstreut sind. Die Gemäldeserie „Vacuum“ umgibt den Raum wie eine Filmrolle und stellt die zyklische Natur des Lebens in der Weite der Natur dar. Darüber symbolisieren hölzerne Hände, die göttlichen Kräften ähneln, die gleichgültigen Entscheidungen des Schicksals, die das kollektive Schicksal der Menschheit mit Fäden des Zufalls und der Notwendigkeit verflechten.

 

Wenn man sich durch den Raum bewegt, wird die Symbolik von Muscheln als Währung und Erinnerung zu einem wiederkehrenden Thema im Werk des Künstlers. Das Zusammenspiel von Knotenaufzeichnung und Muschelgeld webt eine Erzählung des Reisens: Objekte werden ausgetauscht, Geschichten werden fortgesetzt, und Menschen hinterlassen Spuren ihrer flüchtigen Existenz. Muscheln, die als universelle Äquivalente gesammelt werden, bieten Zugang zu mythischen Erzählungen.

 

Im dritten Raum erinnern riesige Muscheln, die ein Feuer überlebt haben, an alte Geschichten, wie die der Wandmalereien von Dunhuang, Relikte, die von der Zeit erodiert wurden. Die verbrannten Bilder auf hölzernen Sockeln, die durch hohe Temperaturen transformiert wurden, erzählen Geschichten von Auslöschung und Wiedergeburt. Das Holz, das für bestimmte Geschichten steht, wird von der Hitze verzehrt, während die Flammen die Erneuerung symbolisieren, einen Phönix, der sich aus der Asche erhebt.

 

Im vierten Raum, der sich durch Glastüren zum Hof der Pfeufer 38 hin öffnet, nähert sich die Ausstellung ihrem Ende. Hier verwendet der Künstler „Augen“, die mit Steinen von verschiedenen Orten eingelegt sind, um die Welt zu betrachten und die Risse der Natur zu durchdringen, um eine unparteiische Wahrheit zu enthüllen. Diese Werke, die an das Auge des Horus erinnern, rufen uns die doppelte Natur der Beobachtung in Erinnerung: Wir sind nicht nur Sammler der Geschichten der Natur, sondern auch Subjekte des chaotischen Blicks der Natur. Souvenirs aus verschiedenen Ländern, die mit der Essenz des Reisens gefüllt sind, bilden die nachklingenden Gedanken der Ausstellung.

 

Il Trovatore ist ein Ausschnitt aus dem komplexen Universum des Meng Zhou, das sich durch seine Vielschichtigkeit und Unerschöpflichkeit auszeichnet. Für die dritte Einzelpräsentation in diesem Jahr ist es dem Künstler wieder gelungen eine völlig neue Werkserie zu schaffen, welche die Besucher der Ausstellung mit auf eine Reise nimmt.